european artistic crafts days 2021 - ETAK

european artistic crafts days 2021 - ETAK

internationales team von 6 künstlerinnen

Noch im Februar 2021 (im zweiten Corona-Lockdown) war unser Team - aus Österreich, Schweiz, München und Köln zusammengesetzt - motiviert sich regelmäßig per Video-Call zu treffen. Dies kündigte Nanna auf ihrer Website an:

"Obwohl es im Moment schwierig ist, Pläne für Aktivitäten im Frühling zu schmieden, sind wir optimistisch und gehen davon aus, dass die Europäischen Tage des Kunsthandwerks 2021 am Wochenende 9.-11. April 2021 stattfinden werden. Im Jahr 2020 wurden sie wegen des 1. Corona-Lockdowns kurzfristig abgesagt. Nannas ausgearbeitetes Konzept des zweitägigen Programms in ihrer Atelierwerkstatt in Stuttgart-West damals musste damals bedauerlicherweise abgesagt werden.

Mit neuer Kraft und frischen Ideen präsentiert sich 2021 ein überregionales Team, das Materialproben u.a. aus Papier, Keramik, Glas und Textil zu Schau stellt, um Gestaltungsprozesse anschaulich zu machen. Seit 2017 ist Nanna Mitglied im Bund der Kunsthandwerker (BdK) Baden-Württemberg e.V. Ihre Arbeit ist oft kollaborativ und Team-bezogen. Die Mitwirkenden im April - Annika (D), Dorothea (CH), Franziska (A), Katja (D), Nanna (FIN) und Stephanie (D) – sind abwechselnd persönlich anwesend, um über die ganz persönliche Fertigkeit und Kreativität in den ausgestellten Arbeiten zu berichten.

Unser gemeinsamer Ansatz ist nicht nur handwerklich Ästhetisches zu kreieren, sondern wir loten vielschichtig aus und suchen den Dialog mit dem Gegenüber. Die aktive Partizipation mit den Besuchern ist uns wichtig. Bis Ende Februar 2021 lassen wir uns Zeit, um relevante Formate zu entwickeln, die wir hier spätestens im März ankündigen. Wir wollen unserem Publikum auf Augenhöhe begegnen, in Werkstattgesprächen und Impulsvorträgen, vielleicht auch Workshops, d.h. ausstellen, vermitteln, diskutieren und voneinander lernen."

Leider waren die Organisatoren in Deutschland, wie wohl in den über zwanzig anderen EU-Ländern, gezwungen das Wochenend-Event ETAK 2021 als "digitale Veranstaltung" durchzuführen. Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie waren die Ursache dafür.

ERFAHREN SIE UNTEN, IN MAGDALENAS INTERVIEW, MEHR ÜBER DIE IDEEN UND PROZESSE DER KÜNSTLERINNEN, DIE WEITERHIN IHRE GÜLTIGKEIT FÜR DIE VERANSTALTUNG ENDE JULI 2021, IM KRIESTEN GARTEN, BESITZEN.

interview

Ich habe mich mit den sechs Künstlerinnen Nanna, Dorothea, Franziska, Stephanie, Annika und Katja digital getroffen und sie zu ihren Arbeiten befragt. Ihre Aussagen habe ich gesammelt und in einem lesbaren Werkstattgespräch niedergeschrieben. Einige Auszüge sind hier zu lesen.

Nanna (Textildesignerin) beschäftigt sich viel mit der Vermittlung handwerklich textiler Techniken. Dorothea (Textildesignerin) arbeitet eng mit Franziska zusammen, die aus der Bildhauerei kommt. Beide verknüpfen ihre Arbeiten übers Material in gemeinsamen Ausstellungen. Auch Annika (Keramikerin) und Stephanie (Mode- und Textildesignerin) kooperierten für dieses Projekt und experimentieren mit ihren unterschiedlichen Materialien. Katja ist Glaskünstlerin. Das internationale Team aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Finnland konzipiert seit einigen Monaten eine Ausstellung, die im Juli bei der 4. Kriesten Nature & Textile Week zu sehen sein wird. Geplant war, erste Entwürfe schon bei den „Europäischen Tagen des Kunsthandwerks“ (ETAK) vom 9. bis 11. April 2021 in Nanna’s Atelier in Stuttgart zu zeigen. Der erneute Corona-Lockdown verhinderte eine Ausstellung vor Ort.

Zu Beginn habe ich die Künstlerinnen gefragt, was sie machen und womit sie sich im Moment beschäftigen.

Franziska Wir sind Materialproben-Sammler.

Nanna Mir werden viele Sachen gebracht, ich suche und finde Sachen. Ich kaufe in der Regel nichts Neues, sondern ich kreiere quasi Neues aus dem Alten.

Katja Auf der Straße habe ich plattgefahrenen Kronkorken und Sektkorkenhalter und so gefunden. Das hat mich magisch angezogen.

Dorothea Es entsteht eigentlich alles aus dem Experimentieren. Sehr oft ist es genau das Spontane, das am interessantesten ist. Also nicht das, was genau nach einem Plan läuft. Die Kombination, ich habe einen Plan und dann entsteht irgendwas Neues, das überrascht.
Ich plane etwas, ich plane die Struktur und dann kommt der Zufall, der das lebendig macht.

Nanna Bei mir ist es auch immer wichtig, dass man nicht ganz genau weiß, wofür es gemacht ist. Dass man auch selber experimentieren soll. Dass ich nichts diktiere. Sondern ich mache Sachen und ich weiß ja auch nicht immer was es wird.

Franziska Wir sagen immer, wir brüten über den Materialien aus. Da liegen oft ganz ganz lange Alltagsgegenstände rum, die ich irgendwann mal gesammelt habe, aber nicht gleich zur Umsetzung oder zur Anwendung bringen kann. Und plötzlich hüpft es mich an und ich kann es einbauen. Das sind ganz unterschiedliche Zugänge und auch Zeitabläufe, die da mit reinspielen.

Stephanie Also es war immer ein bisschen so angedacht, das wie ein Labor zu gestalten oder kein ganz fertiges Moment zu zeigen.

Mich hat auch interessiert wie viel „Spiel“ sie sich in ihrer jeweiligen Arbeit mit den Materialien geben und was sie daraus mitnehmen können.

Stephanie Das war für uns natürlich erstmal ein extremes Spielen.

Annika Ich hab echt das Gefühl, es ist noch garnicht ausgereizt. Man musste dann einfach zum Ende kommen.

Stephanie Sonst haben wir keine Zeit zu Spielen oder so garnicht diese Möglichkeit, weil die Sachen sonst immer sehr an Funktionen gebunden sind. Das war auch genau der Reiz für uns, dass wir freier arbeiten konnten. Das war auch genau das was uns bis zum Schluss daran fasziniert hat.

Nanna Ich sehe viele Sachen als Impulse. Ich bin sehr schnell inspiriert, probiere alles mögliche immer aus, ich bin nicht nur auf einer Spur.

Franziska Ich nenne es immer Strukturen des Alltags. Das ins Absurde zu führen, das ist für mich eigentlich das Spiel. Da fühle ich mich dann zu Hause, wenn es richtig ausgereizt werden kann.

Katja Das Material muss man ja erstmal kennenlernen. Man experimentiert und Stück für Stück lernt man, was das Material macht.

Dorothea Was unsere Arbeit auch verbindet, ist die Überraschung. Man sieht etwas und wenn man es anfasst, dann ist es eine Überraschung. Also eine Struktur, die weich aussieht, ist aber in hartem Material umgesetzt. Das ist zum Beispiel ein Putztuch oder ein Spülschwamm in Keramik umgesetzt. Wenn man da Kekse serviert, dann ist das eine Irritation und Überraschung.

Nanna Deswegen ist es schon sehr experimentell und vielleicht wird der Besucher oder Betrachter manchmal etwas darin sehen, was ich vielleicht nicht sehe. Ich sehe vielleicht etwas anderes und das ist alles für mich spannend. Deswegen mag ich besonders immer den Dialog und zu hören, was sehen sie darin, was verbinden sie mit dem Objekt.

Katja Das finde ich sehr schön, weil die Fantasie des Betrachters ist gleichermaßen angeregt.
Am Anfang war das natürlich sehr viel Zufall. Man liebt es ja als Künstler, wenn etwas schief geht. Weil man kommt dann auf Ideen, auf die man so garnicht gekommen wäre und denkt sich, ach dann probiere ich es eben so. Dadurch sind tolle Sachen entstanden, die ich hinterher natürlich anwende.

Nanna Im Zufall verbergen sich die besten Ideen. Zufall hat großes Innovationspotenzial. Zufall ist extrem wichtig. Zufall ist für mich eine positive Irritation, eine Chance.

Dorothea Das ist unser Thema. Verblüffung.

Stephanie Ich glaube, wir haben da total viel mitgenommen. Sei es neue Techniken, andere Herangehensweisen. Da haben sich einfach nochmal neue Felder für uns geöffnet.

Annika Es ist unglaublich vielseitig, es gibt da auch keinen Schluss.

Die vollständigen Gespräche werden zur Ausstellung im Kriesten Garten als Booklet erscheinen. Bis dahin seien Sie mit mir gespannt, was bis Juli in den jeweiligen Ateliers in Vorarlberg, Köln, München und Stuttgart entsteht.


Die Gespräche mit den sechs Künstlerinnen führte Magdalena Popp im Rahmen ihres Praktikums bei _nannatextiles in Stuttgart. Magdalena ist Textildesignerin und in Kirchheim unter Teck, am Fuße der Schwäbischen Alb aufgewachsen. Sie begeistert sich vor allem für vielfältige textilhandwerkliche Techniken und wie diese in einem zeitgenössischen Kontext neue Anwendung finden können. In ihrem Bachelor Studium an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (2014 – 2019) entdeckte sie die Weberei, die Stickerei und das Färben mit natürlichen Pflanzenfarben für sich. Ihre Neugierde reicht aber auch in ganz andere Bereiche, wie dem Modedesign, der Buchkunst oder die grafische Umsetzung von Druck- oder digitalen Werken. Das Master Studium, das sie seit 2020 an der Hochschule Reutlingen im Fach Textildesign absolviert, führte sie zurück in ihre Heimat.